Der Fränkische Bund war zum Tag der Franken 2022 in Hessen dabei

Wir beteiligten uns auch dieses Jahr wieder mit einem Informationsstand am Tag der Franken, diesmal in Aschaffenburg.

Die Stadt Aschaffenburg als Veranstalter hielt sich u.a. mit Frankenfahne sehr bedeckt. Bayerische Trachten am Festumzug wirkten zumindest für etwas fehl am Platz. Der Ascheberscher Bürgermeister stellte auch öffentlich sinngemäß klar: „Wir sind die Bayern in Rhein-Main.“ Es war schließlich auch die enge wirtschaftliche Vernetzung Aschaffenburgs mit der Rhein-Main-Region gewesen, die den Antrag des Fränkischen Bundes auf ein Volksbegehren zur Bildung eines Bundeslandes Franken nach Art. 29 GG Ende der 1990er Jahre zu Fall brachte. Ironie des Schicksals!
Dass Aschaffenburg, westlich des Spessarts gelegen, aus historischer Sicht zu Hessen gehört und natürlich auch kulturell hessisch geprägt ist, war wohl allen Beteiligten und auch den Besuchern der Veranstaltung klar gewesen. Der Geschichtsverein Frankenbund e.V. hatte auch einmal eine Regionalgruppe in Aschaffenburg. Ob dort vor allem Zugezogene aktiv waren? Erstaunlich war die offensichtlich recht hohe Zahl von nach Aschaffenburg zugezogenen Fränkinnen und Franken, die ihre Wurzeln teilweise weit östlich des Spessarts haben.
Interessant und wichtig zugleich waren die Anmerkungen von Besuchern unseres Standes aus den benachbarten Landkreisen Miltenberg (Unterfranken), Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg) und Odenwaldkreis (Hessen). Diese bemängelten als bekennende Franken die an unserem Informationsstand verwendete Karte der Kulturregion Franken. Hier scheint es Bedarf zur Korrektur zu geben. Wir werden wohl nicht umhinkommen, uns vorrangig an historischen und kulturräumlichen Fakten zu orientieren und die Frage der vermeintlichen Identifikation der Menschen in den unterschiedlichen Bereichen des historischen Ostfrankens hinten an zu stellen. Wissenschaftliche Fakten sind nicht angreifbar, subjektive Eindrücke jedoch schon. Wir sollten keine Franken ausschließen und uns lieber der Diskussion, auch innerhalb unseres Vereins, stellen. Weitere diesbezüglich strittige Gebiete sind im Wesentlichen lediglich nur noch Osthessen (Buchonia, Kloster Fulda, Bistum Würzburg bis 1752) und kleine Bereiche des bayerischen Regierungsbezirks Oberpfalz (Bistum Eichstätt).

Martin Truckenbrodt
3. Vorsitzender

Wo hört eigentlich Franken auf? Wo fängt Hessen an?

Anlässlich des Tags der Franken 2022 in Aschaffenburg

Betrachtung kulturräumlicher und historischer Aspekte – Gedanken zur frühen fränkischen Besiedlung der Kulturregion Franken

Martin Truckenbrodt

Wenn wir heute von der Kulturregion Franken reden, dann beziehen wir uns auf eine Region, welche man gelegentlich auch als Ostfranken bezeichnet. Man bezieht sich damit namentlich auf das ehemalige Herzogtum Ostfranken, welches nach dem Jahr 939 durch Teilung des Stammesherzogtums Franken entstand, jedoch gebietstechnisch nicht die gesamte heutige Kulturregion Franken umfasste. Im Wesentlichen umfasst die heutige Kulturregion Franken das ursprüngliche Gebiet der drei fränkischen Bistümer Würzburg, Eichstätt und Bamberg, zuzüglich der östlich der Linie Vogelsberg – Spessart – Odenwald gelegenen Gebiete des Erzbistums Mainz, die wohl vermutlich nur auf Grund der weltlichen Zugehörigkeit zum Erzstift Mainz kirchlich nicht zum Bistum Würzburg gehörten. Dieses Gebiet deckt sich, mit Ausnahme des Erzgebirges und dem heute in den Bundesländern Thüringen und Sachsen gelegenen nördlichen Teil des Vogtlandes, auch recht genau mit dem Ostfränkischen Dialektraum. Im Südosten beinhaltet dieses mit einer breiten Übergangszone Teile des Bairischen Dialektraums, im Südwesten gibt es einen fließenden Übergang vor allem zum Südfränkischen und zum Schwäbischen. Wir befinden uns also zwischen dem Odenwald im Westen und dem Böhmerwald im Osten und zwischen dem Rennsteig im Norden und dem Neckar bei Heilbronn und der Donau bei Ingolstadt im Süden.

Bekanntlich hieß der heutige bayerische Regierungsbezirk Unterfranken anfangs Unterfranken und Aschaffenburg. Man schloss also Aschaffenburg bewusst von Franken aus, um ab 1814 der Eigenart und Eigenständigkeit Ascheberschs innerhalb des 1806 geschaffenen Königreichs Bayern gerecht zu werden. Dass man im westlich des Spessarts gelegenen Aschaffenburg Hessisch spricht, ist allgemein bekannt. Aber wie sieht das mit der fränkischen Landesgeschichte aus, welche eine mehrere heutige Bundesländer übergreifende Geschichte ist?

Hier ist die Sache schon nicht mehr so eindeutig. Denn, von Osten her betrachtet, gehörten die Reichsritter sogar bis zur Linie Frankfurt am Main – Heidelberg zur Fränkischen Reichsritterschaft.1 Die Rheinische Ritterschaft befindet sich hingegen in diesem Bereich vollständig linksrheinisch. Es stellt sich hier für den heimatgeschichtlich interessierten Laien, zu denen sich der Autor zählt, die Frage, ob es hier vielleicht ältere historische Zusammenhänge gibt. Dieser Bereich zwischen Main und Neckar gehörte wohl nur teilweise zum Herzogtum Ostfranken, jedoch, zusammen mit dem linksrheinischen Gebiet, zum Vorläufer, dem Herzogtum Franken. Durch die Region verläuft zudem weitestgehend horizontal die Sprachgrenze zwischen den rheinfränkischen Dialekten Hessisch und Pfälzisch, die dem Herzogtum Westfranken zugeordnet werden können. Der Südfränkische Dialektraum liegt eindeutig und vollständig südöstlich dieses Bereichs. Es scheint hier also maßgeblich der Rhein bzw. der Oberrheinische Tiefgraben für die Zuordnung zu den Ritterkreisen entscheidend gewesen zu sein.

Bistümer Reichskreis Reichsritterschaft Franken Hessen.png
Fränkischer Reichskreis7 (rot gepunktet) und Fränkischer Ritterkreis1 (blau gepunktet) über dem ursprünglichen Gebiet des Bistums Würzburg8 (grün)

Blickt man von Aschaffenburg bzw. dem Spessart ganz nach Norden wird die Sache für die Kulturregion Franken sehr spannend. Ganz im Norden liegt Kassel im äußersten Norden des Herzogtums Franken.

Südöstlich davon findet sich der Dialekt Ringgauisch. Dieser wird im heute hessischen Werra-Meißner-Kreis, im Bundesland Thüringen im Bereich zwischen Eisenach und Bad Salzungen und im südöstlichsten Zipfel Niedersachsens gesprochen. Der Ringgau entspricht dem westlichsten Bereich des Königreichs der Thüringer. Im Freistaat Thüringen wird dieser Dialekt als Westthüringisch bezeichnet. Es handelt sich wohl um einen thüringisch-altfränkischen Mischdialekt. Die entsprechenden altfränkischen Bestandteile können nur aus der Zeit vom 4. bis maximal zum 7. Jahrhundert stammen, bevor sich der Rheinfränkische und der Ostfränkische Dialektraum entwickelten. Wir reden hier also von den Rhein-Weser-Germanen und damit u.a. von den Chatten, denen Hessen seinen Namen verdankt.

Dem südlich davon gelegenem Osthessischen Dialekt wird zuweilen ein eigener Dialektraum zugesprochen. Es findet sich jedoch auch die Zuordnung sowohl zum Rheinfränkischen als auch häufiger zum Ostfränkischen Dialektraum. Diese unklare Zuordnung spricht vielleicht auch für eine historische Zuordnung zu den Rhein-Weser-Germanen.

Wenn man den Limes berücksichtigt, der bis etwa zum Jahr 260 n. Chr. den Zugang zwischen Vogelsberg und Spessart entlang der Kinzig und zwischen Spessart und Odenwald entlang des Mains versperrte, dann ist es wohl sehr wahrscheinlich, dass die Rhein-Weser-Germanen, also vermutlich die Chatten, bis dahin das heutige Osthessen, und eventuell später auch das Mittlere Werratal, nur über das heutige Nordhessen erreichen konnten. Noch gewichtiger für diesen Gedankenansatz ist, dass die Präsenz der Römer in der Wetterau im 4. Jahrhundert in etwa dieselbe Sperre darstellte.2 Hier sind wir dann ebenfalls wieder in der Epoche des Altfränkischen.

Der Limes (violett) in Hessen und Franken.
Vorlage Wikipedia, Autoren NordNordWest, shading by Lencer, Creative-Commons-Lizenz

Südöstlich des Osthessischen wird im Mittleren Werratal, in der angrenzenden Rhön und dem angrenzenden Grabfeld der mainfränkische Dialekt Hennebergisch gesprochen. Diesen unterscheidet man zusätzlich in eine nördliche und eine südliche Variante. Die nördliche Variante weist eine stärkere Nähe zum Osthessischen und zum Ringgauischen auf. Dass das Unterfränkische Dialektinstitut das Hennebergische als thüringisch-hessisch-fränkischen Übergangsdialekt bezeichnet, ist wohl als Bezug auf die Bundesländer Hessen, Thüringen und Bayern zu werten.3 In diesem Kontext wird hier der Begriff Franken ganz offensichtlich als Synonym für Bayern verwendet.

Die Schlacht an der Unstrut, bei der eine Allianz aus Franken und Sachsen die Thüringer besiegte, fand bekanntlich im Jahr 531 statt. Wenn man berücksichtigt, dass sich die von Historikern im 19. Jahrhundert aufgestellte Behauptung, das Königreich der Thüringer hätte nach Süden einst bis an den Main oder gar an die Donau gereicht, immer deutlicher als unhaltbar herausstellt, so ist es sehr naheliegend anzunehmen, dass die Franken, genauer gesagt die Merowinger, aus dem heutigen Nord- oder Osthessen, auf jeden Fall westlich des Großen Inselsberges, ins Königreich der Thüringer einrückten.4 Am Rande bemerkt, wäre eine Überquerung des Thüringer Waldes wohl auch wesentlich beschwerlicher gewesen.

Die heutigen Franken, welche sich ursprünglich wohl aus den Rheinfranken und dem Völkergemisch, welches man heute Rhein-Weser-Germanen nennt, entwickelten, haben nach allgemeinem Verständnis die Kulturregion Franken den Main aufwärts besiedelt. Diese Besiedelung soll, von Würzburg ausgehend, im 5. oder 6. Jahrhundert begonnen haben. Es gibt zudem schriftlich-mündliche Überlieferungen, die eine herrschaftliche Präsenz der Merowinger im Mittleren Werratal schon Mitte des 5. Jahrhunderts darstellen.5,6

Vor Anfang des 5. Jahrhunderts scheint eine Besiedelung auch nicht möglich gewesen sein. Das soll nachfolgend kurz dargestellt werden.

Bis zum Untergang des Römischen Reiches versperrte, wie gesagt, der Limes von Westen her den Weg nach Würzburg und in das Maintal. Zudem war der Bereich unmittelbar am Untermain zu dieser Zeit, als späte Auswirkung der letzten Eiszeit, noch sehr sumpfig und damit nicht besiedelbar gewesen. Die vormals auch in Franken ansässig gewesenen Kelten scheinen größtenteils schon relativ bald nach Süden in den Donau- und Alpenraum abgewandert zu sein, da es etwa ab der Zeitenwende in Franken kaum noch Funde gibt, die kulturell den Kelten zugeordnet werden können. Die Großromstedter Kultur, welche auch auf dem Gebiet des späteren Grabfeldgaus relativ gut belegt ist, verschwand südlich des Rennsteigs bereits wieder im Laufe des 1. Jhd n. Chr.. Die zwei von Osten her kommenden slawischen Siedlungswellen, welche vor allem bis zur Linie Großer Beerberg – Haßberge – Steigerwald – Frankenhöhe sehr bedeutend waren, fanden erst später im Mittelalter statt. So nimmt man mittlerweile an, dass die Kulturregion Franken zur Völkerwanderungszeit nur sehr schwach besiedelt war.

Man geht davon aus, dass im Rhein-Main-Gebiet bereits Ende des 3. Jahrhunderts die ostgermanischen Burgunden die vorher dort ansässigen elbgermanischen Sueben und Alamannen teilweise nach Süden, ins heutige kulturräumliche Schwaben (Dekumatland) und Baiern, vertrieben. Anfang des 5. Jahrhunderts verschwinden dann, salopp ausgedrückt, die Burgunden über das heutige Rheinhessen in die heutige Region Burgund in Frankreich. Erst danach können die Franken bzw. die Merowinger, aus dem Rheinland kommend, das Rhein-Main-Gebiet siedlungstechnisch übernommen haben. Das passt zeitlich auch gut zum Ende der Präsenz der letzten Römer in der Wetterau.2 Von den bis Mitte des 5. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum relevanten Hunnen waren sowohl das Rhein-Main-Gebiet als auch die heutige Kulturregion Franken wohl nur wenig bis gar nicht betroffen gewesen. Damit wären nun die Völkerwanderungszeit und die Spätantike abgehandelt.

Es deutet, wie oben geschildert, wohl so einiges darauf hin, dass die von Süden her im Werratal und im heutigen Osthessen, dem historischen Buchonia als Teil des ostfränkischen Grabfeldgaus, ankommenden Franken dort auf eine altfränkische Bevölkerung trafen. Ob diese Bevölkerung im recht abseits gelegenen Fuldaer Becken tatsächlich auch den Hessen bzw. den Chatten zuzuordnen ist, wäre wohl noch konkret wissenschaftlich zu bestätigen. Denn die Hessen bildeten sich, wie auch die Franken der Kulturregion Franken, erst einige Zeit später heraus. Was im Osthessischen Dialekt eine Zuordnung zum Rheinfränkischen erlaubt, könnte ebenfalls auf die altfränkische Zeit zurückzuführen sein.

Dass die wenigen thüringischen Ortsnamen südlich des Rennsteigs mit den Endungen -leben und -roda auf die Ansiedlung verdienter thüringischer Adeliger durch die Karolinger zurückzuführen ist, kann wohl als gesichert betrachtet werden. Ob die Ortsnamen mit den Endungen -ingen und –ungen, u.a. im Mittleren Werratal, wirklich, wie lange angenommen, explizit auf die Alamannen zurückgeführt werden können, ist mittlerweile wohl umstritten. Es deutet sich stattdessen ein eher allgemeiner Zusammenhang mit der fränkischen Landnahme von der Völkerwanderungszeit bis zum Frühmittelalter an.

Das Bistum Würzburg grenzte im Nordwesten an die Fulda. Auch die Stadt Fulda lag bis 1752 im Bistum Würzburg. Erwähnt sei noch die herausragende Bedeutung des Klosters Fulda für die zweite Welle der Christianisierung in der Kulturregion Franken unter Bonifatius und die damals umfangreichen Besitzungen des Klosters in der selbigen. Auch die Reichsritter am Osthang des Vogelsberges und im Kinzigtal, mit nur einer Ausnahme am Unterlauf der Kinzig, gehörten zur Fränkischen Reichsritterschaft. Auch wenn die historische ostfränkische Landschaft Buchonia heute zum größten Teil im Bundesland Hessen und zu kleineren Teilen in den Bundesländern Thüringen und Bayern liegt, so ist eine Zuordnung zur Kulturregion Franken, mit nur kleinen Einschränkungen und Fragezeichen, durchaus gerechtfertigt. Diese Auslegung erklärt die Anfangs erwähnte Linie Vogelsberg – Spessart – Odenwald, als historisch hergeleitete kulturräumliche Grenze zwischen Hessen und Franken.

Mit der gegenwärtigen Identifikation der Menschen stimmt diese ganz offensichtlich kaum überein. Rhöner werden natürlich immer Rhöner bleiben. Und natürlich darf man sich in Aschaffenburg nach mehr als 200 Jahren Zugehörigkeit zu Bayern auch mit dem heutigen Unterfranken identifizieren. Die Fragen jedoch, ob Rhöner immer Osthessen, Südthüringer oder Unterfranken oder Ascheberscher immer Unterfranken bleiben werden, kann heute niemand beantworten. Denn Verwaltungsgrenzen sind vergänglich, so wie die Monarchie und Dynastien es auch sind und waren. Kultur und Geschichte hingegen sind es nicht wirklich. Sie gehen maximal mit der Zeit, sofern sie nicht durch staatliche Gewalt und Willkür unterdrückt werden.

 

Quellen

1 Karte „Dier Organisation der Reichsritterschaft am Ende des Alten Reichs“, LAGIS Hessen, https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/browse/current/39/ex/browse/sn/ga

2 Bernd Steidl, Die Wetterau vom 3. bis 5. Jahrhundert n.Chr. Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von Hessen, Band 22. Selbstverlag des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden 2000. 52,- E. ISBN 3-89822-422-8. X

3 Unterfränkisches Dialektinstitut, Modell der Sprachräume in Unterfranken, http://udi.germanistik.uni-wuerzburg.de/wp/materialien/karten/

4 Mehrere Quellen. Der Autor wird in absehbarer Zeit separat und ausführlich auf diese Thematik eingehen.

5 Ludwig Bechstein und Christian Ludwig Lucke: Gesammelte Sagen, Erster Teil: Bad Salzungen und nähere Umgebung, Verlag von L. Scheermessers Hochbuchhandlung, Bad Salzungen, 1928.

6 Ernst-Ulrich Hahmann: Die Ritterburgen im Salzunger Land, amicus-Verlag, Föritz, 2016. ISBN 978-3-944039-76-3.

7 Karte „Reichskreis Ritterkreis Franken am Ende des Alten Reiches (1792)“, Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe II, Heft 1a, 1955.

8 Karte „Die fränkischen Würzburg, Bamberg und Eichstätt im Mittelalter“, Webseite Haus der Bayerischen Geschichte, https://www.hdbg.eu/karten/karten/detail/id/62, aus „Edel und Frei – Franken im Mittelalter“, Jahn, Wolfgang / Schumann, Jutta / Brockhoff, Evamaria (Herausgeber), ISBN 9783806218718

Hinweis: Bezüglich der Gebietsangaben zu den Dialekten und den allgemeinen Angaben zur Frühgeschichte Mitteleuropas, speziell der Spätantike und der Völkerwanderung und zum Frühmittelalter geht der Autor davon aus, dass diese leicht recherchierbar und den geschichtlichen interessierten Leserinnen und Lesern im Wesentlichen auch bereits bekannt sind.

Über den Autor

Martin Truckenbrodt (Jahrgang 1971, beruflich in der IT zuhause) ist im Landkreis Coburg aufgewachsen und seit 2004 im Landkreis Sonneberg zuhause. Seit Ende 2012 setzt er sich für die Anerkennung der fränkischen kulturellen Identität und Geschichte des heutigen Südthüringen ein, befasst sich seitdem intensiver mit heimatgeschichtlichen Themen und ist Mitglied mehrerer Geschichtsvereine. 2013 gründete er den Verein Henneberg-Itzgrund-Franken e.V., dessen Vorsitzender er bis zur Vereinsauflösung 2020 war. Seit 2019 ist er im Vorstand des Vereins Fränkischer Bund e.V. aktiv. Er ist Entdecker und Förderer des Begriffs Kulturregion Franken und Initiator eines Webprojekts zur Kirchweih in der Kulturregion Franken.

Coburg gehörte nie zu Thüringen

 

Anschluss Sachsen-Coburgs am 1. Juli 1920 zu Bayern war ein Beitritt, kein Wechsel
Vom Hochmittelalter bis etwa zur Reformation, also bis zum Beginn der Neuzeit, hatte das Benediktinerkloster Saalfeld durchaus nennenswerten Streubesitz im Bereich Coburg und Sonneberg. Dies stellt, bevor die Wettiner 1353 erste Besitzungen südlich des Rennsteigs errangen, die einzige nennenswerte historische Verbindung dieser Region zwischen Rennsteig und Main über den Rennsteig hinweg nach Norden dar. Ansonsten ist die Region historisch von der Zugehörigkeit zum Herzogtum Franken und zum Landkapitel Coburg des Bistums bzw. der Diözese Würzburg geprägt. Auch der heute länderübergreifend gesprochene mainfränkische Dialekt Itzgründisch weist mit seinen vielfältigen Mundarten auf diese historische Verbundenheit mit dem heutigen Unterfranken hin. Gleiches gilt für das Henneberger Land zwischen Bad Salzungen und Schleusingen, wo sich die ebenfalls heute länderübergreifend gesprochenen mainfränkischen Dialekte Hennebergisch und Grabfeldisch finden.

Nachdem die fränkischen Grafen von Henneberg Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts ihren Machtbereich von Westen her – Eisfeld, Meeder, Callenberg und Hohenstein stellten bis dahin die westlichste Ausdehnung der Grafschaft Henneberg dar – recht genau bis an die heutigen Landkreisgrenzen zu Kronach und Lichtenfels ausdehnen konnten, fiel die aus der Neuen Herrschaft der Henneberger herausgelöste Pflege Coburg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in zwei Schritten an die Markgrafschaft Meißen der Wettiner. Die Wettiner bezeichneten ihre Besitzungen südlich des Rennsteigs als ihre Ortslande zu Franken.

Nachdem im Jahr 1806 das albertinisch-wettinische Königreich Sachsen gegründet wurde, entstand in den Gebieten der ernestinisch-wettinischen, reußschen und schwarzburgischen Territorialstaaten die Notwendigkeit sich umgangssprachlich vom aufstrebenden Königreich Sachsen zu distanzieren. Zum einem stand der Begriff Sachsen dafür nicht mehr zur Verfügung. Zum anderen hatten Reuß und Schwarzburg historisch mit Sachsen nichts zu tun. So verwendete man mit der Gründung eines Zoll- und Handelsvereins 1832 erstmals den Begriff der Thüringischen Staaten. Im zweiten Deutschen Kaiserreich verwendete man diesen Sammelbegriff ab den 1870er Jahren im Deutschen Reichstag. Erst ab etwa den 1890er Jahren finden sich dann auch in Sachsen-Meiningen und in Sachsen-Coburg z.B. Postkarten und Werbeanzeigen in den Tageszeitungen, auf bzw. in denen die beiden sächsischen Herzogtümer umgangssprachlich Thüringen zugeordnet wurden. Coburg gehörte dennoch von 1423, als die Markgrafschaft Meißen in das an die Wettiner gefallene Kurfürstentum Sachsen integriert wurde, bis 1920 zu Sachsen und niemals zu einem Territorium namens Thüringen.

Die Coburger wurden nicht dadurch zu Franken, weil sie sich 1920 basierend auf einem Volksentscheid Bayern anschlossen. Der heute umgangssprachlich verwendete Begriff Südthüringen weißt leider keinen Bezug zur kulturräumlichen Zugehörigkeit der Region zwischen Rennsteig und der thüringisch-bayerischen Landesgrenze auf, wie ihn u.a. die Begriffe Unter- und Oberfranken zeigen. Begriffe wie Henneberg-Franken oder Werra-Main-Franken, die wir diese seitens des Vereins Henneberg-Itzgrund-Franken seinerzeit wiederholt als Alternative angeregt haben, wären in diesem Sinne wesentlich zutreffender. Die heutigen Südthüringer sind aus kultureller und historischer Sicht genauso Franken, wie es die heutigen Nordbayern auch sind. Interessant ist, dass auch jüngere Aussagen des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in ihrer Wortwahl Franken nicht mehr nur auf das heutige Bundesland Bayern begrenzen und der MDR kürzlich erstmals Lokalpolitiker in Südthüringen und Nordbayern als fränkische Lokalpolitiker zusammengefasst hat.“

„Die Coburger sind allerdings nach wie vor die einzigen Franken, die freiwillig zu Bayern kamen. Die Grafschaften Ansbach und Bayreuth/Kulmbach wurden von den Hohenzollern an die Wittelsbacher verkauft. Die Hochstifte Würzburg und Eichstätt und einige der heute in Bayern liegenden ehemaligen freien Reichsstädte wurden am Grünen Tisch der großen Politik den Wittelsbachern zugeschustert, ähnlich wie die heute in Baden-Württemberg liegenden Teile Frankes an das Königreich Württemberg fielen. Das Hochstift Bamberg und andere Reichsstädte wurden von den Wittelsbachern militärisch okkupiert, was sich diese erst im Nachhinein von der großen Politik absegnen ließen.

Der Meininger Landtag hat 1919 entschieden, nicht die Bevölkerung

Der Fränkische Bund äußert sich zum Jubiläum 100 Jahre Gründung Land Thüringen am 1. Mai 1920

Der 1918 gebietsidentisch aus dem gleichnamigen Herzogtum hervorgegangene Freistaat Sachsen-Meiningen umfasste südlich des Rennsteigs die Kreise Meiningen einschließlich des Bereichs um Bad Salzungen und Bad Liebenstein, Hildburghausen und Sonneberg und nördlich davon den Kreis Saalfeld und kleinere Exklaven. Der aus dem nach 1583 ehemals albertinischen Erbanteil an der fränkischen Grafschaft Henneberg entstandene preußische Kreis Schleusingen einschließlich Suhl und die ehemalige hessische Exklave der Herrschaft Schmalkalden gehörten damals, ebenfalls südlich des Rennsteigs gelegen, seit 1815 bzw. 1866 zu Preußen, so dass diese faktisch erst 1945 und formell erst mit der Auflösung Preußens 1947 in das am 1. Mai 1920 gegründete Land Thüringen eingegliedert wurden, welches bis zur Einführung der Bezirke in der DDR im Jahr 1952 fortbestand und 1990 mit kleineren Veränderungen im Gebietszuschnitt wiederinstalliert wurde.
Ende 1919 entschied der Landtag in Meiningen über den Anschluss an das sich aktuell in Gründung befindliche Land Thüringen. Es war also, im Gegensatz zur Entscheidung in Sachsen-Coburg, keine Volksabstimmung gewesen. Die Entscheidung des Meininger Landtags war damals durchaus umstritten gewesen. Nach dieser Entscheidung bildete sich 1921, mit dem räumlichen Schwerpunkt um Meiningen, eine Initiative namens „Los von Thüringen“, die einen Wechsel nach Bayern erreichen wollte. Diese Bemühungen verebbten Anfang der 1930er Jahre. Heute finden sich an der Meininger Stadtkirche mit der Henne der Henneberger Grafen und dem für das Bistum Würzburg und die Region Franken stehenden Frankenrechen zwei fränkische Wappen und weiterhin das sächsische Wappen der Wettiner. Mit dem Löwen der Ludowinger, der im Zentrum des Wappens des Freistaats Thüringen steht, verbindet Meiningen vor 1920 nichts. Denn zur Landgrafschaft Thüringen gehörten südlich des Rennsteigs und des Frauenseer Hügellandes lediglich die beiden ursprünglichen Städte Schmalkalden und Brotterode. Also ist der fränkische Teil des Freistaats Thüringen, der ein Fünftel der Fläche des Bundeslandes umfasst, im Wappen desselbigen im Wesentlichen nur mit einem der acht Sterne repräsentiert.
„Man kann heute natürlich darüber diskutieren, ob 1919 bei einem Volksentscheid in Sachsen-Meiningen eine andere Entscheidung getroffen worden wäre, als diese der Meininger Landtag getroffen hat. Hier gehen die persönlichen Einschätzungen weit auseinander. Zum einem ist Saalfeld im Gegensatz zum restlichen Sachsen-Meiningen thüringisch geprägt. Der Bereich um Bad Salzungen und Bad Liebenstein weist neben der fränkischen auch eine ausschließlich auf das Frühmittelalter zurückzuführende thüringische Prägung auf. Die in Hildburghausen damals sehr stark gewesene Arbeiterbewegung soll einen starken Blick auf den Geburtsort der deutschen Sozialdemokratie, Gotha, gehabt haben. Und insbesondere die Sonneberger Kaufleute traten damals als eifrige Lobbyisten für den Anschluss an ein zu gründendes Land Thüringen ein. Dennoch war das Leben der Menschen südlich des Rennsteigs vorrangig nach Süden ausgerichtet gewesen. Man ging nach Schweinfurt, Würzburg oder Bamberg, wenn man in ein größeres Krankenhaus musste oder für Einkäufe ein größeres Angebot nutzen wollte. Ebenso wurde der Großteil des Großhandels mit Geschäftspartnern im heutigen Unter- und Oberfranken betrieben. Die im Sonneberger Raum produzierten Spielwaren wurden lange Zeit zu Großhändlern und Exporteuren nach Nürnberg transportiert, bevor Anfang des 20. Jahrhunderts der Export nach Übersee bedeutender wurde. Viele Unternehmer aus dem heutigen Nordbayern investierten auch noch bis zum Zweiten Weltkrieg in die Industrie der Rennsteigregion. Das Herzogtum Sachsen-Meiningen ließ seine Interessen im Reichstag des Deutschen Kaiserreichs teilweise vom Königreich Bayern vertreten. Vom Alltag der Menschen damals können viele Menschen unserer Region heute noch aus Erzählungen Ihrer Eltern und Großeltern berichten. Seit 1990 stellt sich nun wieder zunehmend dieselbe Situation ein. Kaum bestreiten wird man jedoch können, dass sich heute südlich des Rennsteigs wohl kaum jemand mit Thüringen identifizieren würde, hätte man damals in Meiningen anders entschieden. Das sieht man heute sehr deutlich im ehemaligen Sachsen-Coburg. Denn die heutigen Südthüringer sind genauso Franken wie es die heutigen Nordbayern, Nordost-Baden-Württemberger oder Osthessen auch sind. Man könnte dieser Tatsache damit gerecht werden, wenn man der Region zwischen Rennsteig und thüringisch-bayerischer Landesgrenze offiziell einen Namen wie Henneberg-Franken oder Werra-Main-Franken geben würde. Die Menschen unserer Region, aus unserer Sicht ‚vor dem Wald‘, würden sich dadurch vielleicht auch von Erfurt ‚hinter dem Wald‘ ernster genommen fühlen. In der Denkschrift des Freistaats Sachsen-Meiningen vom 11. Dezember 1919 findet sich folgender Schlusssatz: ‚Gibt Sachsen-Meiningen seine Selbstständigkeit zu Gunsten des geeinten Thüringens auf, so geschieht dies nur in dem festen Vertrauen darauf, dass es bei der Regierung und Volksvertretung Thüringens stets Verständnis für die Eigenart seiner Bevölkerung und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse findet.‘ Mit dieser Eigenart können nur die historische Zugehörigkeit zu Franken und die daraus resultierende und bis heute bei weitem nicht nur an unseren fränkischen Dialekten leicht erkennbare fränkische kulturelle Prägung unserer Region gemeint sein.“, führt Martin Truckenbrodt, Sprecher der länderübergreifenden Regionalgruppe Itzgrund-Henneberg und 3. Vorsitzender des Vereins Fränkischer Bund e.V., dazu aus.

Anmerkungen zur Gebietsdefininition der Kulturregion Franken

eine  Betrachtung von Martin Truckenbrodt

Vor einiger Zeit gab es zwischen Vorständen der Vereine Fränkischer Bund e.V. und Henneberg-Itzgrund-Franken e.V. Meinungsverschiedenheiten zur Gebietsdefinition der Kulturregion Franken. Beide Vereine sind keine wissenschaftlichen Vereine, sind also grundsätzlich angehalten die teilweise wenig bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse anderer zu verwenden. Ein Streitpunkt war u.a. die Frage der Identifikation gewesen. Hierzu möchte ich anmerken, dass diese durchaus im Laufe der Zeit auch schwanken kann. Bestes Beispiel ist hierfür das bayerische Franken. Hier hat seit 1990 auch erst der Fränkische Bund erfolgreich eine stärkere Identifikation mit Franken in die Wege geleitet. Im thüringischen Franken haben wir hier mit dem Verein Henneberg-Itzgrund-Franken zuletzt den Stein ins Rollen bringen können. Weiterhin ist nach wie vor für viele Menschen die Identifikation mit Ostdeutschland, also der ehemaligen DDR, immer noch die Entscheidende. Das baden-württembergische Franken ist hier nicht einfach zu betrachten und einzuschätzen. Die Identifikation mit Franken nimmt sicherlich sehr schnell in Richtung Heilbronn ab. Der Begriff Franken ist dort allerdings noch sehr präsent, siehe z.B. Frankenstadion Heilbronn oder Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken. Der Verein Württembergisch Franken und andere hingegen schließen Heilbronn von Franken aus.
Bevor ich auf die strittigen Gebiete eingehe, will ich auf die historische Gebietsdefinition eingehen. I.d.R. wird vom Fränkischen Bund mit dem Fränkischen Reichskreis argumentiert. Das ist nicht ganz unproblematisch, weil u.a. die Pflege Coburg (Coburg, Sonneberg, Hildburghausen) nicht Mitglied im Fränkischen Reichskreis war und weil eine klare Abgrenzung zum Schwäbischen Reichskreis nicht möglich ist. Klar sollte jedoch sein, dass wir insgesamt nur ein zusammenhängendes Gebiet betrachten sollten. Exklaven sollten also außen vor bleiben. Auch das gesamte Gebiet der drei fränkisch geprägten bayerischen Regierungsbezirke sollte komplett betrachtet werden. Man kann und muss auch den Menschen in Ludwigstadt, Marktredwitz und Aschaffenburg zugestehen, dass sie sich mit Franken identifizieren. Aus meiner Sicht ist der gebietstechnische äußere Rahmen für die Kulturregion Franken historisch sehr leicht herzuleiten: Es handelt sich um die ursprünglichen Gebiete der fränkischen Bistümer Würzburg (gegründet 742), Eichstätt (gegründet 742) und Bamberg (gegründet 1006) zuzüglich der weltlich zum Erzstift Mainz und deshalb auch kirchlich zum Erzbistum Mainz gehörenden Gebiete östlich des Vogelsbergs, des Spessarts und des Odenwalds. Hinzu kommen dann als Teil der Übergangsgebiete nur noch kleinere heute vor allem zu Mittelfranken und Oberfranken gehörende Gebiete. Die Bistümer Bamberg und Eichstätt entsprechen heute noch relativ genau dem Gebietsstand des Jahres 1007. Lediglich das Bistum Würzburg hat einige Gebiete an das 1994 gegründete Bistum Erfurt, in den 1820er Jahren an die Bistümer Freiburg und Rottenburg-Stuttgart und an das 1752 gegründete Bistum Fulda verloren. In den 1820er Jahren fielen wiederum andere Gebiete des Erzbistums Mainz an das Bistum Würzburg.
Klar ist allen bisher an der Diskussion Beteiligten, dass man in der Gebietsdefinition Abstufungen rund um ein Kerngebiet herum machen muss. Das Kerngebiet umfasst im Wesentlichen den Ostfränkischen Dialektraum, wovon Teile des Vogtlandes und das Erzgebirge und damit auch die dortige Übergangszone ins Thüringisch-Obersächsische auf Grund nicht vorhandener fränkischer Geschichte und Identifikation i.d.R. hiervon ausgeschlossen werden. Die weiteren Übergangszonen ins Thüringisch-Obersächsische, ins Hessische, ins Südfränkische und ins Bairische sind teilweise umstritten. Darum soll es nun gehen. Ich möchte zwei Kategorien für die Überganszonen anregen: Eine erste Übergangszone umfasst Gebiete, die keine nennenswerte kulturelle ostfränkische Prägung aufweisen, jedoch für längere Zeit territorial ein Teil Frankens bzw. Ostfrankens waren. Die zweite, stärkere Übergangszone weist Gebiete aus, die territorial lange ein Teil Ostfrankens waren und zusätzlich die kulturelle ostfränkische Prägung zumindest einer Übergangszone aufweisen.
Das westliche Übergangsgebiet vom Ostfränkischen bzw. Altfränkischen zum Thüringisch-Obersächsischen stellt das Ringgauische, im Thüringer Wörterbuch von 2006 Westthüringisch genannt, dar, welches in erster Linie im Werra-Meißner-Kreis (Hessen) und in der Stadt Eisenach und in Teilen des Wartburgkreises (beide Thüringen) gesprochen wird. Es lässt sich recht genau auf den Ringgau des Frühmittelalters zurückführen, welcher von Historikern dem Herzogtum Thüringen zugeordnet wird. Die Sprachgrenze zum Hennebergischen verläuft am Salzborgen südlich von Bad Salzungen und sollte den Kernbereich der Kulturregion Franken in diesem Bereich abgrenzen. Der nördlich davon gelegene Bereich um die Städte Bad Salzungen und Bad Liebenstein weist jedoch einen sehr starken historischen Bezug in Richtung Meiningen (Grafschaft Henneberg und Sachsen-Meiningen) auf, liegt ebenfalls im hauptsächlich fränkisch geprägten Mittleren Werratal und sollte deshalb Teil der stärkeren Übergangszone sein. Das östliche Übergangsgebiet vom Ostfränkischen zum Thüringisch-Obersächsischen liegt im Wesentlichen im Bereich des thüringischen und sächsischen Vogtlandes und des Erzgebirges und wird deshalb, wie gesagt, nicht berücksichtigt.
Das Übergangsgebiet vom Ostfränkischen, umgangssprachlich dem Fränkischen, zum Hessischen, als Teil des Rhein- oder Westfränkischen, ist vor allem im heutigen Osthessen zu finden. Das Osthessische wird von Sprachwissenschaftlern selten als eigenständiger Dialektraum betrachtet, meist jedoch als hessisch-fränkischer Mischdialekt vorrangig dem Ostfränkischen zugeordnet. Das Kloster Fulda ist für die Geschichte und die Christianisierung Ostfrankens, also der Kulturregion Franken, von sehr großer Bedeutung gewesen. Kirchlich gehörte Fulda bis 1752 zum Bistum Würzburg. Der Fränkische Ritterkreis war u.a. am Osthang des Vogelsberges und am Oberlauf der Kinzig, im Bereich des ehemaligen Landkreises Schlüchtern, sehr präsent und bedeutend gewesen. In der Summe dieser Aspekte muss dieser Bereich zumindest als starke Übergangszone ausgewiesen werden. Der Hennebergisch sprachige Bereich um Gersfeld kann hingegen dem Kerngebiet Frankens zugeordnet werden.
Zweites Übergangsgebiet vom Ostfränkischen zum Hessischen ist der Bereich um Aschaffenburg und Miltenberg. Stadt und Landkreis Aschaffenburg und Teile des Landkreises Miltenberg müssten strenggenommen als schwaches Übergangsgebiet ausgezeichnet werden, weil eine bedeutende kulturelle ostfränkische Prägung fehlt und die wichtigste territoriale Zugehörigkeit seit 982 die zum Erzstift Mainz war. Aus diplomatischen Gründen und auf Grund der mehr als 200 Jahre Geschichte dieser Region westlich des Spessarts als Teil des heutigen Unterfrankens ist dennoch eine Ausweisung zumindest als starkes Übergangsgebiet vorzuziehen. Der ehemals zum Fränkischen Reichskreis gehörende Odenwaldkreis (Hessen, ehemals Grafschaft Erbach) schließt direkt daran an. Darum herum gelegen und bis zur Linie Frankfurt/Main – Heidelberg, also im gesamten Odenwald und nördlich davon bis Main, gehörten zudem die nicht wenigen freien Reichsritter durchweg zum Kanton Odenwald des Fränkischen Reichskreises. Auch das spricht für eine Ausweisung zumindest als starke Übergangszone.
Das Übergangsgebiet vom Ostfränkischen zum Südfränkischen ist unter sprachlich-kultureller Betrachtung sehr schwammig. Es finden sich hier sehr unterschiedliche Sichtweisen und Karten. Auch deshalb empfiehlt es sich hier die Außengrenzen des ursprünglichen Bistums Würzburg heranzuziehen, diese mit dem Fränkischen Reichskreis abzugleichen und so von Osten her auch den südfränkischen Bereich bis zur Stadt Heilbronn bzw. bis zum Neckar als Teil des Kerngebiets der Kulturregion Franken zu betrachten. Das wird sicherlich nicht unumstritten sein, aber die auch heute noch starke Präsenz des Begriffs Franken in Heilbronn rechtfertig dies auf jeden Fall. In diesem Sinne kann man auch den Neckar-Odenwald-Kreis komplett als Teil des Kerngebietes betrachten. Links des Neckars gibt es nur sehr wenige zum Fränkischen Reichskreis oder Ritterkreis gehörende Gebiete. Insbesondere den westlichen Bereich des Landkreises Heilbronn sollte man deshalb nur als schwaches Übergangsgebiet ausweisen. Hier sei ergänzend auch noch auf die neue Tourismusregion Churfranken hingewiesen.
Das Übergangsgebiet vom Ostfränkischen zum Bairischen muss mit etwas anderen Kriterien betrachtet werden. Der komplette sprachlich-kulturelle Übergangsbereich sollte und muss dem Kerngebiet der Kulturregion Franken zugeordnet werden. Wenn wir schon den Altkreis Eichstätt als fränkisch betrachten, dann sollten wir ebenfalls das gesamte Bistum Eichstätt als fränkisch betrachten. So kann und sollte das weitere historische und aktuelle Gebiet des Bistums Eichstätt als Teil der schwachen Übergangszone und die dort zum weltlichen Hochstift Eichstätt und damit zum Fränkischen Reichskreis gehörenden Gebiete als Teil der starken Übergangszone berücksichtigt werden. Den südöstlichen Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge um Marktredwitz (ehemals Fürstentum Bayreuth und Fränkischer Reichskreis) und das Gebiet des weltlichen Hochstifts Eichstätt (Fränkischer Reichskreis) sollte man aus diplomatischen Gründen als Teil des Kerngebietes betrachten, auch wenn dort Bairisch gesprochen wird. Auf Grund von direkter Nachbarschaft ergibt sich für die Städte Neustadt an der Kulm (ehemals Fürstentum Bayreuth) und Vilseck (ehemals Hochstift Bamberg) die Möglichkeit Teil der schwachen Übergangszone zu sein.
Damit sind aus meiner Sicht alle strittigen Punkte umfassend abgearbeitet. Das Ziel, niemanden, der oder die sich zu Recht mit Franken identifizieren kann und will, von vorneherein von Franken auszuschließen, ist damit wohl gut erfüllt. Ich würde mir wünschen, dass der Fränkische Bund zukünftig nur noch mit einer Karte der Kulturregion Franken arbeiten würde, um Franken darzustellen. Diese Karte wäre in professioneller Qualität noch zu erstellen. Die Notwendigkeit zusätzlich eine zweite auf das Kerngebiet reduzierte Karte zu verwenden, sehe ich persönlich nicht.
Vorrangiges Ziel aller im Sinne der Kulturregion Franken politisch aktiven Fränkinnen und Franken sollte es sein, das gesamtfränkische Bewusstsein für die Kulturregion Franken zu fördern. Ob daraus irgendwann mal ein Bundesland Franken entstehen wird, sollte und muss zweitrangig sein. Ich persönlich gebe einer Wiederholung der Initiative der 1990er Jahre keine Aussicht auf Erfolg. Wenn dann muss eine allgemeine und bundesweite Neugliederung des Bundesgebietes stattfinden. Dafür braucht es jedoch Parteien oder andere bundesweit tätige Organisationen, die dieses Vorhaben konkret anpacken wollen. Momentan sieht es hier leider sehr mau aus.

Fränkischer Reichskreis (rot gepunktet) und Fränkischer Ritterkreis (blau gepunktet) über die ursprünglichen Gebiete der fränkischen Bistümer Würzburg, Eichstätt und Bamberg gelegt

Quellen:
Karte „Die fränkischen Würzburg, Bamberg und Eichstätt im Mittelalter“, Webseite Haus der Bayerischen Geschichte, https://www.hdbg.eu/karten/karten/detail/id/62, aus „Edel und Frei – Franken im Mittelalter“, Jahn, Wolfgang / Schumann, Jutta / Brockhoff, Evamaria (Herausgeber), ISBN 9783806218718
Karte „Reichskreis Ritterkreis Franken am Ende des Alten Reiches (1792)“, Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe II, Heft 1a (1955)
Karte „Dier Organisation der Reichsritterschaft am Ende des Alten Reichs“, LAGIS Hessen, https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/browse/current/39/ex/browse/sn/ga